Begegnungen mit seltenen Tieren rufen bei mir immer Glücksgefühle hervor. Als ich das erste Mal einen Wal in Neuseeland sah, kam ich aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus. Die Mundwinkel ließen sich auch nach mehreren Tagen nicht nach unten bewegen. Als ich mit wilden Delphinen schwamm, klopfte mein Herz so laut und schnell, dass ich dachte es zerspringt gleich. Und als ich das erste Mal einem Elefanten den Rüssel streicheln durfte (Ja, ich bitte hier alle Doppeldeutigkeiten zu vernachlässigen. Ich rede tatsächlich von Elefanten und ihren Riechorganen), musste ich vor Glück laut jauchzen. Meine Begegnung mit der fiesen, malaysischen Feuerqualle, war allerdings kein gesegneter Moment.
Ich hatte einen Schnorcheltrip in Malaysia gebucht. Ich war für ein paar Tage auf den Perhentian Islands gestrandet (Das Paradies: Keine Autos, nur Strand, Affenscheisse und gechillte Leute). Dort gibt’s eine traumhafte Unterwasserwelt und glasklares, türkises Wasser wie aus dem Bilderbuch. Ich ließ es mir natürlich nicht entgehen den kleinen, bunten Fischis beim fröhlichen Planschen zu zuschauen. Ein Einheimischer brachte mich zusammen mit ein paar anderen Backpackern zu einem der schönsten Schnorchelspots. Und dort war es auch die ersten 10 Minuten einfach nur unglaublich. Ich sah Fische so bunt wie der Regenbogen. Nemo und Co. Alle waren sie da, freuten sich ihres Lebens und wollten mir „Hallo“ sagen. Bunte Korallen und eine Unterwassersicht bis zu 20m, die mir erlaubte diesen Italiener, den ich vorher schon auf dem Boot heimlich gemustert hatte, in voller Pracht zu sehen. Ich war im Paradies! Aber wie das so ist im Paradies: Es bleibt nicht lang paradiesisch. Ich war gerade noch mit diesem italienischem Adonis beschäftigt, als plötzlich eine Qualle direkt vor mir auftauchte. Als ich mich umdrehte und wegschwimmen wollte, war da noch eine und als ich in Richtung Boot rudern wollte, war es plötzlich ein ganzer Schwarm.
Panik!
Ich musste irgendwie zum Boot kommen. Leider waren die Mistviecher überall… Ich versuchte mich unsichtbar zu machen. Das funktionierte leider nicht. Ich dachte vielleicht könnte mich Adonis retten und schielte zu ihm rüber. Er paddelte schreiend wie ein Kleinkind zwischen den Quallen hin und her. Wow! Wie unglaublich unattraktiv! Also versuchte ich mir allein meinen Weg zum Boot zu bahnen. Kurz vorm Ziel erwischte es mich doch. Ein Schmerz zog sich an der linken Seite meines Körpers entlang. Von der Schulter bis zum Schienenbein. Ich krabbelte mit letzter Kraft auf das Boot, wo bereits eine heulende Japanerin saß, die ebenfalls einer Qualle die Tentakel zur Begrüßung geschüttelt hatte. Adonis schaffte es kaum ins Boot. Er war wirklich am ganzen Körper übersät mit roten Striemen, fast so als hätte er monatelang in Christian Greys SM-Keller gewohnt oder ein paar Quallen liebevoll und fest umarmt (Könnte ich doch bloß die Qualle sein….?). Die Schmerzen waren höllisch. Fast so, als ob man einfach nur permanent im Feuer stehen würde. Unser Guide schipperte uns zur nächsten Insel wo uns die Einheimischen rieten uns mit Bananen einzuschmieren. Ich kaufte eine Staude matschiger brauner Bananen und verrieb sie über meinem Körper, aber der Schmerz lies nicht nach. Dafür sah ich aus wie ein lecker Bananensplit. Ohne Eis und ohne lecker. Die Japanerin schrie immer noch wie am Spieß. Ich gab ihr ein paar Bananen ab um sie abzulenken. Schließlich wusste ich ja schon dass es nichts half. Da stand ich nun in meinem Bikini im Bananenmatsch und die Einheimischen grinsten mich an und meinten ich solle es mit Maismehl versuchen. Auf die Idee dass sie mich verarschen wollten, kam ich irgendwie nicht. Die Schmerzten lähmten meinen Verstand. Und an dieser Stelle muss gesagt werden, dass ich bestimmt nicht zimperlich bin: eine angebrochene Schulter und keine Träne habe ich verdrückt (dafür aber eine Millionen Tränen, als ich erfuhr dass sich Take That getrennt haben). Also nahm ich das Mehl und rieb es mir über den Bananensud. Die Japanerin war gerade mit dem Bananenmisch fertig und schrie immer noch wie am Spieß, was langsam echt nervte. Adonis sah aus als ob er ihr gleich eine runterhauen würde (Hätte er nur seinen Mut zusammen genommen!).
Ich musste leider feststellen dass Maismehl auch nicht gegen die Schmerzen hilft, aber dass man mit Hilfe den Mehls die Nesseln abreiben konnte. Der nächste hilfreiche Tipp kam von meinem Guide: „Pee yourself!“ What?!?! Sich selbst anpinkeln? Aber mir war eh alles egal und ob ich nun noch ein bisschen Eigenurin über dem Bananen-Mehl-Matsch hatte – oder nicht… lets do it! Die weibliche Blase ist allerdings ein sehr sensibles Organ. Wenn man im Stau steht, in einem wichtigen Meeting oder in der Ubahn sitzt, ist sie voll bis oben hin. Wenn man auf einer malaysischen Insel, aufgrund von Verbrennungen, getunkt in Bananen-Maismehl-Pampe darauf wartet dass sie sich meldet – kann man eeeeeewig warten! Die männliche Blase funktioniert anders. Adonis war bereit. Und noch mehr. Er war sogar bereit zu teilen. Was für ein Liebesbeweis! Man liest ja einiges über Natursektspielchen, aber das ist nun wirklich nicht meins. „No, thank you!“ antwortete ich mit rotem Kopf (fiel aber nicht auf, weil der Körper ja auch mit roten Striemen überdeckt war.) Darüber nachgedacht wie eklig dieses Angebot tatsächlich war, habe ich nicht, aber ich war sehr froh als der nächste (letzte) heiße Tipp folgte: Essig. Okay, im Bikinidress mit Bananen-Maismehlpampe und Adonis im Schlepptau durch dieses kleine Dorf gehechtet auf der Suche nach „Acid“. Verwirrte Blicke der Einheimischen. Kannten sie kein Acid oder fanden sie uns merkwürdig? Es ist unglaublich wie ein Verbrennungsschmerz die Schamgrenze ins Unermessliche treiben kann. Bananen-Mehl-Adonis entdeckte den kleinen „Shop“ als erstes. Wir stürzten uns auf den Essig und gönnten uns gleich jeder eine Flasche. Gleich vorm Shop übergossen wir uns mittlerweile lachend vor Situationskomik und heulend vor Schmerz mit dem Essig.
Und hier nun der ultimative lehrreiche Tipp dieses Artikels, wenn Ihr mal einer Qualle die Tentakel schüttelt: Essig trägt zur Besserung bei. Insgesamt hat es aber ein paar Tage gedauert bis der Schmerz wirklich nachgelassen hat und Wochen bis die roten Shades-of-Grey-Striemen verschwunden waren.
Und wie ging es mit Adonis weiter? Wir haben zusammen die Japanerin mit Essig versorgt (die tatsächlich immer noch schreiend auf dem Boot saß). Wir haben uns am Abend am Strand eine Flasche Monkey Juice geteilt um den Schmerz zu vergessen, geknutscht und auf einer Strandparty die Nacht durchgetanzt. Wie heißt es so schön im Film Speed? „Ich habe mal gelesen, dass Beziehungen die auf Extremsituationen basieren nicht von Dauer sind.“ – Dann muss unsere Grundlage eben Sex sein!
Um ein Haar hätten dich die Quallen verspeist 🙂
Ja, wir sind dem Tod quasi von der Tentakel gesprungen. 😉
Situationskomik trifft es gut 🙂 Auch wenn ihr in dem Moment echt andere Sorgen hattet. Uns hat man damals gleich Essig und Rassierschaum geraten und beides hat auch gut geholfen…
Die Malaysier fanden es sicher witzig uns ein bisschen hinzuhalten. (Hätte ich wohl auch.)
Super geschrieben, habe gerade richtig gelacht 🙂
Herrlich geschrieben! Aber wieso haben die euch das denn nicht gleich mit dem Essig versorgt? In Australien stehen am Strand ja überall Essigflaschen bereit für den Fall aller Fälle.
Ich glaub ja, die wollten schon immer mal ne blonde Bananen-Maismehl-Piss-Touristin sehen und sich beäumeln. 😉
Trotz der fiesen Quallen-Schmerzen ein herrlich geschriebener Blogpost!
geteiltes Leid…erinnert mich entfernt an einen Tommy Jaud Roman (Vollidiot? Resturlaub?). Ob Bananen-Mehl-Adonis diesen Blog auch followed? Wird es ihm genauso ergehen wie Heino? 😉
Dich erinnert die Story an einen Roman? Hey! Das ist mein Leben!
Von Bananen-Mehl-Adonis habe ich leider nichts mehr gehört. Aber ich nehme an dass er inzwischen wieder genesen ist und mit Frau und 3 Bambini in seiner Casa Pasta isst und vino rosso trinkt und das geteilte Quallen-Abenteuer inzwischen überwunden hat.
Mich hat es mal auf Mallorca erwischt.
Nach diesem Erlebnisse habe ich mich erstmal informiert was man in dem Fall machen soll. Auf jeden Fall nicht mit irgendetwas einreiben, sondern eher mit einem scharfkantigen Gegenstand die Nesseln von der Haut abziehen, ähnlich wie mit einem alten Rasiermesser. Nur so vermeidet man, dass noch mehr Gift in die Haut gelangt.
Ich habe übrigens heftige Narben zurückbehalten. War wohl keine normale Feuerqualle. 😉
Oh je, Du Armes! Nachher ist man leider immer schlauer.
Ganz schlimmer Blog. Mein Respekt gegenüber Frau sinkt gerade sehr stark. Hört endlich mit der ganzen Fäkalsprache auf. Und denken Sie das nächste Mal an Quallenschutz.
Salmiakgeist hilft großartig – Angebot der Einheimischen im Hotel gewesen.Weiß leider nicht, mit welcher Qualle ich Kontakt hatte. Das starke Brennen hörte schon nach 10 Minuten auf .Ein Mann hatte ohne diese Maßnahme über einen Tag (weiß nicht, wie lange) schlimme Schmerzen und Entzündungen. Das ereignete sich 2000.