Backpacken ist anders Ü30

Leider habe ich mit dem Backpacken ziemlich spät in meinem Leben begonnen. Ich war 30, Single, hatte Zeit und ein bisschen Geld zur Verfügung. Vorher gab es ein paar Roadtrips mit Freunden, den ein oder anderen Hotelurlaub oder Zelten am Baggersee. Als Student hat man bekanntlich ja nicht so viel Geld in der Tasche, aber wenn ich ehrlich bin hatte ich Dank meines Nebenjobs und der Unterstützung meiner Eltern immer genug für einen kleinen Urlaub übrig. Warum ich nicht schon damals Low Budget nach Asien gereist bin, kann ich heute nicht mehr beantworten und bedauere es sehr. Mensch sei zeitig weise… Zum Glück habe ich in den letzten Jahren diesbezüglich ja einiges aufgeholt.

Ü30 Backpacking unterscheidet sich jedoch dezent von dem was der eigentliche Backpacker so macht. Wie genau?  

  1. Ich schlafe nicht mehr in einem 8er Dorm um 5,- EUR zu sparen.
  2. Ich gebe gern 50 Cent mehr für Streetfood aus, wenn ich dadurch eine Lebensmittelvergiftung vermeiden kann.
  3. Ich gönn mir ein Tuktuk oder Taxi zurück zur Unterkunft wenn ich nicht mehr laufen kann, statt stundenlang auf ein Auto zu warten, was mich mitnimmt.
  4. Ich komme nicht mit einem „Carpe diesen scheiß diem!“ Tattoo auf meiner Schulter aus dem Urlaub zurück.
  5. Ich checke Air Asia Flüge bevor ich den Nachtbus buche.
  6. Ich erzähle allen dass ich aus Schweden komme und nicht aus Deutschland um zu vermeiden andere Deutsche im Urlaub zu treffen.
  7. Ich befinde mich nicht mehr auf einem Selbstfindungstrip. Ich bin bereits mehrfach auf der Suche nach mir selbst gewesen und bin (natürlich) gescheitert.
  8. Ich lese im Urlaub weder „The power of now“, „Der große Trp“ noch „The Beach“
  9. Ich bin vor dem spätesten Checkout in der Unterkunft wach, muss niemanden aus dem Bett werfen und habe sogar noch Zeit und Muse das Bett zu machen.
  10. Ich denke über Backpacks mit Rädern nach.
  11. Ich muss nicht zur Fullmoon Party. Wichtiger ist mir, dass ich den im Lonly Planet hoch gelobten Tempel besichtige und ein bisschen am Strand ausruhen kann.
  12. Wenn ich am nächsten Morgen eine Trackingtour geplant habe, gehe ich vor 12 schlafen und trinke nicht noch fünf weitere Cocktails

Und das schlimmste von allem:

  1. Ich habe nur noch 30 Tage Urlaub im Jahr!

Der nächste Trip ist in Planung. Dieses Mal geht es weder nach Asien, noch bin ich solo unterwegs. Ich bin gespannt und aufgeregt welche Geschichten ich dieses Mal mitbringen werde.

13 Kommentare

  1. *grins*, gut geschrieben! Obwohl ich auch als Ü30 noch so manche Party rocke 😉 . Ich glaube der größte Unterschied ist das ich als erfahrener Reisender nicht mehr alles durch die rosa Urlaubsbrille sehe… wenn ich da an vor 15 Jahren (bah.. wie doch die Zeit vergeht) denke, als alles neu und ganz furchtbar aufregend war… dafür kennt man mit zunehmender Erfahrung alle Abzocketicks und hat die eine oder andere brenzliche Situation auch schon gemeistert…
    Fazit: Das kribbeln im Bauch ist jetzt zwar wesentlich kleiner dafür reise ich wesentlich entspannter heutzutage 😉 .
    LG Peter

    1. Hallo Peter! Keine Frage. Auch ich geh noch gern feiern… aber ich weiß inzwischen gut dass ich nichts verpasse wenn ich mal ne Party auslassen und lieber die Chance nutze mir etwas anzuschauen was ich so bald nicht wiedersehe.
      Das Kribbeln im Bauch ist bei mir immer noch genauso groß wie am Anfang, aber Erfahrungen helfen sich besser und schneller in der Fremde zurecht zu finden.
      PS Deine Bilder sind toll!

  2. Einfach herrlich deine Texte. Besser als das Streiflicht in der Süddeutschen. Ich will mehr. Täglich. 😀
    Ich bin noch nie gebackpackt…ich kann Rucksäcke einfach nicht so leiden. Und bin offengestanden zu bequem sowas länger als 5 Tage zu machen. Aber dieser eine Trail in Südafrika – der Otter Trail – der muss noch begangen werden. Darf aber nur von 5 oder 10 Leuten gleichzeitig bewandert werden. 2 Jahre Voranmeldung. Aber das Erlebnis… soll grandios sein. Vom Ziel kann ich das auf jeden Fall bestätigen.

    1. Oh, ein tolles Kompliment! Danke!
      Dein Vorhaben klingt toll! Man ist nie zu alt für etwas. Man muss die Art des Reisens nur alles entsprechend anpassen. Berichte uns dann von Deiner Reise. Ich bin gespannt!

  3. Schöner Text, und in einigen – eigentlich den meisten – Punkten habe ich mich wiedergefunden. Die Qualität des Reisens, aber vor allem meine eigene Haltung dazu haben sich im Laufe der Zeit gewandelt, aber ich denke, das ist ganz normal. Angefangen mit 14/15 und dem „SchülerFerienTicket“, um mit Regionalbahn in der Nachbarstadt McDoof, H&M, etc. abzuchecken (mehr geht ja auch nicht mit Taschengeld), unendlich viele Zeltlager als Jugendlicher und junger Erwachsener, hin zu Fahrradreisen mit eigenem Tempo und unter Vermeidung von McDoof, H&M, etc… – im gleichen Maße, in dem man sich körperlich bewegt, findet ja auch eine mentale Reise statt, und die bleibt nie ganz spurenlos. Ich bin sehr gespannt auf den Reisebericht aus Asien!

    1. Dieses Mal gehts nicht nach Asien, sondern einen anderen Kontinenten entdecken. Wird sicher mindestens genauso spannend und ich werde selbstverständlich berichten. 😉

  4. Den meisten Punkten kann ich unumwunden zustimmen – die gelten auch (noch) für Ü30++ 😉
    Insbesondere dieses „nicht-auf-den-allerletzten-Cent-schauen-zu-Müssen“ entspannt deutlich gegenüber Reisen in der frühen Jugend.

  5. sehr gut geschrieben, da triffst du es genau auf dem Punkt 🙂 schau mal bei uns vorbei…. wir haben ähnlich geschrieben 🙂 der blogbeitrag „neuseeland -unser abenteuer!“

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