Mensch ärgere Dich nicht.

Schwanger.

Nach 2,5 Jahren Akupunktur, Kinderwunschklinik, Zyklusmonitoring, Sex nach Plan, mehreren Schwangerschaftstest und unzähligen Tränen, zeichnete sich im Herbst 2019 ein dünner zweiter Strich auf meinem Schwangerschaftstest ab. Ich war verunsichert. Der Strich war blass und kaum zu sehen. Ich rief sofort in der Kinderwunschklinik an und durfte noch am gleichen Tag für einen Test vorbeikommen. Der Bluttest ergab einen niedrigen HCG Wert: Schwanger! Juchu!!!!

Ich sollte ein paar Tage später wiederkommen um zu schauen wie sich die Werte entwickeln. Dazwischen hatte ich ein Mädels Brunch bei mir geplant, wo ich mich dezent um den Prosecco drücken musste. Eine sehr gute Freundin war eine meiner ersten Gäste und nahm mich kurz zur Seite, weil sie mir eine kleine Kette geben wollte. Sie wusste von den zwei Fehlgeburten und hatte sich damals bei ihren Schwangerschaften eine Kette gekauft, die 2 Ringe miteinander verband. Quasi als Zeichen dafür, dass Mutter und Kind zusammen gehören und zusammen bleiben. Sie wusste nicht, dass das der beste Moment war, den sie sich hätte raussuchen können. Ich dankte Ihr von Herzen.

Am nächsten Tag, hatte ich das Bedürfnis noch einen Schwangerschaftstest zu machen. Ich weiß nicht warum, aber der zweite Strich auf dem ersten Test, war doch seeehr zart und ich wollte wohl sichergehen, dass er stärker wurde. Das tut er nämlich, wenn der HCG Wert (das Schwangerschaftshormon) im Blut steigt. Nach fünf langen Minuten schaute ich wieder auf den Test. Der zweite Strich war noch schwächer als vor ein paar Tagen. Das hieß natürlich nichts Gutes, aber ich wollte trotzdem nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. Also wartete ich brav den nächsten Arzttermin ab.

Die Ärztin freute sich und gratulierte mir zur Schwangerschaft. Mittlerweile war das ja schon das dritte Mal, dass mir die Ärztin „die frohe Botschaft“ bestätigte und sich für mich freute. Ich äußerte direkt noch während ich mich umzog meine Bedenken, bevor sie den Ultraschall machte. Während des Schalls sagte sie nichts. Am Ende meinte sie man könne noch nichts sehen. Wäre jetzt nicht ungewöhnlich, aber mit der Vorgeschichte, müsse man jetzt abwarten und sich die Blutwerte noch einmal anschauen. Ich sollte einen Tag später anrufen und die Blutwerte abfragen.

Ein Tag, 24 Stunden… ja das ist eigentlich nicht lang. Aber in so einem Fall ziehen sich die Minuten wie Kaugummi. Ich weiß nicht wie oft ich in meiner Kinderwunschzeit schon solche langen Tage und Wochen hatte. Immer und immer wieder diese Warterei, die mit Ängsten und Sorgen verbunden ist. Ich kann mich dann immer nur schwer ablenken. Ich hab sofort ein Kopfkino, was anspringt und alle möglichen Ausgangssituationen durchspielt. Der Tag ging und ging nicht rum. Ich schaute in meinen Rechner, konnte mich aber nicht konzentrieren. Ich schaltete den Fernseher an und es lief eine Dokumentation über Schwangerschaften. Ich rief eine Freundin an und sie erzählte mir was Ihr Kind gerade Lustiges angestellt hatte und schickte mir anschließend ein zuckersüßes Bild Ihres Minis. Ich ging joggen und während ich so meinen Weg zurücklegte, drehten sich meine Gedanken auch nur um den Test.

Am nächsten Tag rief ich pünktlich bei der Kinderwunschklinik an. Die Schwester am Telefon sagte mir, was ich schon ahnte. Das HCG war so gut wie nicht mehr da. Ich sollte meine Medikamente absetzen und auf eine Blutung warten.

Was ist eine biochemische Schwangerschaft?

Man erklärte mir dass eine biochemische Schwangerschaft vorläge. Das hatte ich vorher noch  nie gehört, aber die nette Schwester am Telefon erklärte es mir. Eine biochemische Schwangerschaft ist quasi  eine sehr frühe Form der Fehlgeburt und tritt ein bis zwei Wochen nach der Einnistung auf. Sie entsteht, wenn der Embryo kurz nach der Einnistung in der Gebärmutter wieder abgestoßen wird, statt sich weiterzuentwickeln. Das hat meistens genetische Gründe und ist alles andere als selten: Studien zufolge trifft das auf 50 % der Schwangerschaften und 75 % der Fehlgeburten zu. Die meisten chemischen Schwangerschaften bleiben unbemerkt, während die meisten Schwangerschaften, die nach dem Ausbleiben der Periode entdeckt werden, bestehen bleiben. Nur, wenn vor dem Fälligkeitstag der Periode getestet wird, kann es sein, dass der Teststreifen die chemische Schwangerschaft anzeigt. Bei mir war das quasi der blasse zweite Strich auf dem Test und der Nachweis im Blut, der normaler Weise ja nie direkt am Fälligkeitstag der Periode gemacht wird, sondern erst ein wenig später beim Arzt. In der Kinderwunschklinik ist man aber ständig unter Kontrolle und bekommt sowas viel früher mitgeteilt, was Fluch und Segen zugleich ist.

Mensch ärgere Dich nicht!

Man erklärte mir, dass chemische Schwangerschaften nicht behandlungsbedürftig sind und auf natürliche Weise enden. Die befruchtete Eizelle geht wieder mit der nächsten Periodenblutung ab. Es dauerte ein paar Tage, aber dann setzte auch bei mir die Periode wieder ein. Als wäre nichts gewesen. Wie bei „Mensch ärgere Dich nicht“. Ich wurde quasi direkt nach dem Startfeld wieder rausgeschmissen und durfte wieder darauf warten, dass jemand mal ne Sechs würfelt und ich wieder ins Rennen geschickt werde.

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